Regionalisierung - gewußt wie
Es klingt ein bißchen wie zurück zum Kommunismus. Ich habe den real existierenden, vorsichhinsiechenden Sozialismus noch in der DDR erlebt, und wie er kurz vor dem Kollaps vom großen, modernen, väterlichen Bruder Kapitalismus willig und billig aufgekauft wurde. Die jetzigen Antiglobalisierungsbewegungen und Rekommunalisierung haben jedoch einen eindeutigen Unterschied gegenüber dem zentralen Komittee das plant und verordnet: sie werden von den Bürgern, von "unten" initiiert. Hier ist Initiative gefragt, Beteiligung aller Betroffenen von der ersten Stunde an, so wie es in Siggelkow gerade praktiziert wird, und Innovation. Die Genossenschaft mit ihrer Basisdemokratie und Vernetzung kann hier eine entscheidende Rolle spielen.
Die anfallende Wärme von Biogasanlagen ist ein typischer Fall für den Ruf nach Innovation und Kommunalisierung. Ohne regionale Nutzung geht die Wärme direkt in die Atmosphäre ab. In Neuholland ist die Lösung eine Nahwärmenetz mit Satelliten-Blockheizkraftwerk. Eine andere Idee, die zunehmend Schule macht, ist Fischzucht, wie sie auch in Neuholland mittelfristig geplant ist. In Affinghausen bei Bremen machen Energiewirt Schäfer und sein Sohn dies vor mit tropischen Tigergarnelen. Konventionell trägt Garnelen-Aquakultur zur Zerstörung von Mangrovenwäldern bei und ist bei den Köchen für ihren Antibiotikaeinsatz bekannt. Nicht so bei Familie Schäfer. Hier perfektioniert sich eine funktionale Mikrobiologie, und die Produkte sind regional, frisch und unbelastet. Innovation braucht Systemverständnis und fachliche Qualifikation.
Wir alle, nicht nur Garnelen, sind eigentlich Systeme von Symbiosen zwischen Bakterien and den Zellen unseres Körpers - im Falle der Spezies Mensch kommen auf gerade mal um die 10 Billionen Körperzellen etwa 100 Billionen Mikroorganismen! (Und dabei kommt es auch nicht sehr darauf an, wie "reinlich" wir sind.) Wir alle tragen also über unsere "eigenen" Zellen hinaus die 10-fache Menge "Gäste" mit uns herum. Da sie viel kleiner sind als unsere Eukaryontenzellen, machen sie nur 3-4kg Lebendgewicht aus, aber ohne sie wären wir sehr arm dran, nämlich nicht lebensfähig. Was wir "Krankheitserreger" nennen, sind häufig Kulturen unserer "Gäste", die sich an unübliche Stellen verirrt haben oder unübliches Verhalten zeigen. Vor diesem Hintergrund wird klar, daß die Gabe von Antibiotika eine nahezu wahllose Artillerie gegen lebende Systeme ist.
Die Welt der Ideen ist so vielfältig wie die Welt der Mikroorganismen. Doch Vielfalt ist kein Selbstzweck, sondern erfüllt eine Funktion. Die RLeG will bei der Entstehung dieses Verständnisses, beim Austausch von Ideen und bei deren Umsetzung einen Beitrag leisten. Wie immer, suchen wir Mitgestalter.
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